Han Kangs „Die Vegetarierin“ hat mich nachhaltig beeindruckt. Die Erzählebene scheint auf den ersten Blick verwirrend, fast traumartig. Die Erlebnisse der Protagonistin werden konsequent nur aus der Perspektive anderer erzählt – nie durch sie selbst. Zwischen den Abschnitten gibt es Zeitsprünge, durch die man jedes Mal etwas hinausgeworfen, dann aber doch wieder tiefer in die Erzählung hineingesogen wird.

Als ich dieses Buch zum ersten Mal durchgelesen hatte, war ich beeindruckt. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich bringt dieses Buch Impulse mit, die mir so bisher noch nie begegnet sind. Es fiel mir aber zu diesem Zeitpunkt sehr schwer, auch die methaphorische Ebene zu verstehen. Ich habe mich also dazu entschlossen, das Buch direkt ein zweites Mal zu lesen. Dabei habe ich ganz neue Aspekte entdeckt, die mir beim ersten Durchgang entgangen waren.

Diese methaphorische Ebene erschließt sich einem als westlich geprägter Leser nicht leicht. Ich bin sicher, auch mir wäre sie ohne tiefere Kenntnisse der koreanischen Kultur und der gesellschaftlichen Verhältnisse dort sicher entgangen. Aus meiner – zugegebenermaßen sehr persönlichen – Sicht kann ich aber nur feststellen, dass Han Kang der Nobelpreis zurecht verliehen wurde. „Die Vegetarierin“ ist aus meiner Sicht wirklich ein Meisterwerk. Nie zuvor habe ich die Situation der Frau in Ostasien so brutal, aber auch so treffend beschrieben gesehen.

Fazit: ★★★★


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert